Wird Streaming auch den DJ-Markt revolutionieren?
Seit einigen Jahren mischen Streaming-Dienste wie Spotify, Apple Music, Deezer und Co. den internationalen Musikmarkt auf. Mit günstigen Abos wird Kunden eine riesige Mediathek an Musik zur Verfügung gestellt - vorausgesetzt man hat Zugang zum Internet. Das ganze folgt dem aktuellen Trend „Weg vom eigenen Besitz - hin zur sharing community.“
Streaming folgt dem aktuellen Trend der "sharing community".
Einige Mobilfunkanbieter bieten ihren Kunden die Möglichkeit an, den Datenverbrauch von Streaming-Diensten auszuklammern. So ist es sehr verlockend für den Preis von 1-2 Musikalben einen ganzen Monat von zu Hause aus oder unterwegs jederzeit auf all seine Lieblingsmusik zugreifen zu können. Die Anbieter garantieren eine hohe Qualität, korrekte Benennung als auch Kategorisierung der Stücke. Manche Künstler veröffentlichen darüber hinaus exklusives Material auf diesen Plattformen oder gewähren den Zugriff auf Musik vor deren eigentlicher Veröffentlichung.
Es gibt jedoch einige Nachteile, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Wenn man seinen Streaming-Anbieter wechselt, sind alle angelegten Playlisten und markierten Lieblingskünstler oder -alben weg. Noch gibt es keine Möglichkeit diese persönliche Sammlung mit zum neuen Anbieter zu nehmen. Auf der Hand liegt natürlich auch die Tatsache, dass diese Dienste ohne Internet auch nicht in Anspruch genommen werden können. Wenn du also mal außer Haus gehst und in ein Funkloch gerätst, dein Internet zu Hause streikt, du im Urlaub bist oder ähnliches, hast du auch keinen Zugriff auf deine Musik.
Nur manche Anbieter bieten die Möglichkeit an, die Tracks auch auf deinem Endgerät zu speichern, welche jedoch spätestens nach Beendigung des Abonnements wieder gelöscht werden. Wer sich musikalisch im Untergrund bewegt, wird auch auf großen Streaming-Plattformen Schwierigkeiten haben, seine Künstler zu finden. Außerdem kann es sein, dass das Angebot, das heute besteht, morgen nicht mehr verfügbar ist. Kündigen Labels oder Künstler die Zusammenarbeit mit der Plattform, wird die Musik aus dem Pool genommen.
In Bezug auf das DJing wirst du genau wie der private Konsument mit einigen Vor- und Nachteilen konfrontiert - lediglich die Gewichtung fällt hier anders aus. Natürlich hast du auch als DJ den Zugriff auf die riesigen Mediatheken und bist so für alle Eventualitäten gewappnet. Spontane Musikwünsche aus dem Publikum können blitzschnell realisiert werden und auch wenn dir kurz vor oder während dem Gig noch einfällt, das du einen Track dringend brauchst, kannst du ihn noch in dein Set einbauen. Sowohl für Mobile-DJs als auch für andere DJs, die auf Veranstaltungen spielen, die ein sehr gemischtes Publikum nicht nur in Hinsicht des Musikgeschmacks sondern auch der Demographie aufweisen, ist das ein enormer Vorteil.
Ein gewichtiges Argument ist auch der Kostenfaktor für DJs. Diese müssen generell über eine große Mediathek verfügen, für deren Erstellung es einiges an Zeit und Geld braucht. Damit ist es jedoch nicht getan, denn der Musikmarkt schläft nicht und so folgen kontinuierlich neue Tracks, die laufend Kosten produzieren. Hier bist du mit Streaming-Plattformen gut beraten. Du hast augenblicklich Zugang zu Musik aus allen Genre und Jahrzehnten, sowie Neuveröffentlichungen und egal wie viel du hörst und spielst, der monatliche Beitrag bleibt der selbe. Vor allem für Anfänger, welche nicht bereits über ein großes Repertoire verfügen, ist diese Form der Musikverwaltung daher sehr attraktiv.
Dass man heutzutage oft nur noch einen Laptop oder USB-Stick mit seiner Musik mit zum Gig bringen muss, ist sehr komfortabel - wird jedoch vom Streaming nochmal getoppt. Hier hast du die Möglichkeit, dich mit deinem Account auf dem Laptop der Veranstaltungslocation oder deines DJ-Kollegen anzumelden und direkten Zugriff auf dein Konto zu erhalten. So kannst du z.B. spontane Möglichkeiten ergreifen, wenn dein DJ-Kollege kurz Pause macht, ein DJ ausfällt oder aus anderen Gründen kurzfristig ein DJ gebraucht wird.
"Streaming ist ein Medium mit extrem viel Potential, welches von DJs jedoch aktuell noch nicht ausgenutzt werden kann."
Dem gegenüber stehen einige gravierende Mängel, die es DJs zur Zeit noch schwer machen, dieses Medium zu verwenden. Als DJ musst du dich auf deine Mediathek verlassen können und so kannst du es dir nicht leisten, dass das Musikangebot deines Streaming-Anbieters spontan geändert wird. Zudem sind viele DJs Trendsetter, was automatisch bedeutet, dass viele Tracks, die DJs spielen, die breite Masse noch nicht erreicht haben und somit viele dieser Lieder noch nicht auf Streaming-Plattformen zu finden sind. Viele Bootlegs, Re-Edits und Remixe werden nie über solche Medien veröffentlicht. Diese sind jedoch tolle Möglichkeiten, um dein Set einzigartig zu machen und so bleibt dir nichts anderes übrig, als sie als normale Dateien zu erwerben.
Ein großes Problem ist auch die Verbindung zum Internet. Die wenigsten Locations haben aktuell einen Internetanschluss am DJ-Pult und selbst wenn, musst du immer mit der Gefahr leben, dass die Verbindung abreißen kann. Streaming-Anbieter versuchen dieses Problem zu federn, indem die Tracks gepuffert werden wenn du sie ins Deck lädst, ist die Verbindung jedoch einmal länger weg, ist Schicht im Schacht. Das ist ein absolutes No-Go für einen DJ, der Geld dafür verlangt, eine erwartungsvolle Menge eine Veranstaltung lang störungsfrei zu unterhalten.
Für private Nutzer ist es eventuell noch zu verkraften, wenn die angelegten Playlists nach Beendigung des Abos verloren gehen. Für einen DJ ist das jedoch ein Super-GAU. Etliche Stunden Arbeit sind in das Zusammenstellen der Ordner geflossen und können meistens nie wieder vollständig rekonstruiert werden. Ohne die Möglichkeit diese Einstellungen mit zu einem neuen Anbieter zu transferieren, ist man an seinen aktuelle Streaming-Plattform gebunden. Entscheidet man sich, das Abo zu beenden, verliert man logischerweise auch automatisch den Zugriff auf die Musik. Hat man sich bis dahin keine Mediathek über andere Median aufgebaut, kann man die DJ-Tätigkeit nicht weiter ausüben.
Ein letzter elementarer Punkt ist die Legalität der öffentlichen Nutzung von Streaming-Diensten. Nicht alle Anbieter erlauben es, dass du von deinem Set einen Mitschnitt aufzeichnest und/oder diesen veröffentlichst. Außerdem ist auch die Nutzung von Streaming-Diensten bei öffentlichen Auftritten untersagt. Wenn du also gewerblicher DJ bist, fällt diese Variante für dich generell weg. Eine weitere Frage, die in dieser Hinsicht noch geklärt werden muss, ist die Rechtslage in Bezug auf die GEMA. Der Lieblingsfeind aller DJs möchte selbstverständlich auch bei diesem Geschäft mitmischen.
Streaming ist somit ein Medium mit extrem viel Potential. Es kann die Arbeit eines DJs deutlich vereinfachen, ist günstig und sehr bequem. Es gibt jedoch auch einige Ausschlusskriterien, die es für viele DJs aktuell noch unmöglich machen, diese Vorzüge zu nutzen. Streaming wird in Zukunft seinen Platz sicherlich auch auf dem DJ-Markt finden und das DJing, wie wir es aktuell noch kennen, verändern, aber aktuell gibt es noch einige Hürden. Es wird sicherlich auch weiterhin DJs geben, die auf das schwarze Gold schwören oder Songs digital besitzen möchten und das ist auch gut so. Diese Abwechslung und Vielfalt belebt das Geschäft.
Patrick Lübcke